„Sag mal, warum hast du heute vormittag Frau Hammerschmidt nicht gegrüßt?“ Die Frage überraschte ihn. „Wen?“ – „Na Frau Hammerschmidt, deine ehemalige Kindergärtnerin.“ Im Kindergarten ist er seit 25 Jahren nicht mehr gewesen. Ganz schön lange Zeit, da vergisst man viel. Lang ist es auch her, dass er hier seine Eltern besucht hat. Einige Städte kamen und gingen dazwischen.
„Kenn ich nicht. Wo soll denn das gewesen sein?“ Ganz so dumm, wie er da tat, ist er gar nicht. Als er heute morgen durch das Dorf spazierte, sind ihm schon die Blicke der Bewohner aufgefallen. Wer ist das denn? Und wie sieht der denn aus? Schau mal, wie der geht! Was will der hier? Ist das nicht… Am schlimmsten war es bei der Frau mit dem Hut. Kleinkariert, das passt, dachte er da noch und ging etwas schneller.
„Das kann doch nicht sein. Frau Hammerschmidt war doch immer so nett zu dir. Einmal war sie sogar zum Kaffee bei uns.“ Zum Kaffee… als er daran dachte, wurde ihm unwohl. Bis heute ist ihm der hier übliche, starke, türkisch gebrühte Kaffee ein Graus. Vielleicht ist das der Grund, warum das Dorf vor Jahren einen Herzinfarkt erlitten zu haben schien. Dass er hier fort musste, war eher eine Frage des Frühers als des Späters.
„War das die mit dem komischen Hut?“ Die Frage konnte er sich nicht verkneifen, genausowenig wie sie die Antwort. „Weißt du, deine Überheblichkeit kannst du dir wirklich sparen. Du musst hier nicht den Großkotz raushängen lassen, komm mal runter von deinem hohen Ross!“
Diesen Satz hatte er schon oft gehört. Und wieder fragte er sich, wie hoch dieses Ross noch werden muss, damit er endlich weit genug wegreiten kann.
Durch die Heimatstadt zu spazieren, in der man schon lange nicht mehr war, kann schon seltsame Gefühle wecken, insbesondere wenn man Nebraska von Bruce Springsteen im Ohr hat. Nicht viel hat sich geändert, was ich als mal gut, mal schlecht empfand. Schön war es, aber ein Bleiben kann ich mir nicht mehr vorstellen.