was soll das? Wieso laufen mir an einem Tag rauchende hochschwangere und hakenkreuztätowierte Frauen über den Weg? Muss das sein?
Vielleicht hätte ich mir den Weg sparen sollen, aber das wäre nicht gerade förderlich für mich gewesen, ging ich doch mit der Aussicht auf Wurzelbehandlung zum Zahnarzt. Der Weg an sich war übrigens leicht und keineswegs steinig und schwer, wie kiffende Autofahrer oft in anderen Kontexten behaupten.
Jahrelang litt ich unter einer Angst vor Zahnärzten (in Fachkreisen auch „Zahnarztangst“ genannt), die sich mittlerweile verflüchtigt, ja in eine lässige Wartezimmercoolness verwandelt hat. Rückfälle sind aber immer möglich, insbesondere bei kurioser Operationsbeschallung, aber Enrique sang bis jetzt nur einmal.
Meist vollzieht sich die Beschallung von Seiten des Arztes, der diesmal darüber dozierte, dass viele Wörter negativ konnotiert sind. Wer denkt bei ZAHNARZTBOHRER an blühende Landschaften? Dann leitete er über zu Gebrauchsanweisungen, die zum Kauf eines extraordinären Produktes gratulieren. Da freut sich die Mutti gleich doppelt über die neue Bratpfanne. Leider habe ich irgendwann den Faden verloren (nicht nur im Mund, harhar). Wenn man da so sitzt und vor lauter offenem Kopf nicht die Paradebeispiele von positiv konnotierten Wörtern anfügen kann, die man in seinem Studium gelernt hat (…), frustriert das etwas. Glücklicherweise schloss der Arzt seine Ausführungen mit den Worten ab, dass ich das als Linguist (Linguist!) aber wohl am besten wisse. Was für ein Mensch, der sich damit den Status Angstzahnarzt (im positiven Angstbekämpfungssinn) von mir dem Angstpatienten (im negativen Angsterfülltheitssinn) redlich verdient hat. Das ließ mich dann wieder Aufatmen und hätte ich dich nicht angeschrieben, liebes Tagebuch, wer weiß ob ich dann noch an rauchende schwangere Hakenkreuzfrauen denken würde.
~S.