Was bisher geschah: Die Entwendung einer Schere vor 10 Jahren brachte einen Fluch über mich. Lange Zeit unsichtbar schlug er vor ein paar Tagen zu. Die Folgen spüre ich noch heute! Lest im spannenden Finale dieses Zweiteilers1 die schockierenden Ereignisse!
Anfang des Jahres häuften sich auf einschlägigen Lustigseiten im Internet Bilder des Kartenspiels „Cards against Humanity„. Mir war klar, dass ich das haben musste. Das Spiel kann kostenlos als PDF heruntergeladen werden. Es gibt eine aktive Community, die es ständig erweitert und in verschiedene Sprachen übersetzt. Drüben bei BoardGameGeek gibt es dazu mehr. Die Regeln sind denkbar einfach: Man spielt mit mindestens 4 Spielern. Ein Spieler (der sog. Kartenzar) liest eine Frage oder Aussage vor (z.B. „Was wird im Alter besser?“). Dann legen alle anderen Spieler verdeckt eine Antwort ab, von der sie denken, sie sei am witzigsten (z.B. „Fressen und Kotzen“). Der Kartenzar liest alle Antworten laut vor und entscheidet, welche am besten ist. Der Spieler mit der Antwort bekommt einen Punkt. Danach ist der nächste Spieler der Kartenzar usw.
Das Spiel hat einen sehr bösen Humor. Nicht ohne Grund ist der Untertitel „Partyspiel für schreckliche Menschen“. Ich wusste, meine Freunde und ich würde damit sehr viel Spaß haben. Trotzdem ist das Spiel nicht überall in allen Kreisen zu empfehlen. Kaffeerunden mit den Schwiegereltern könnten schwierig werden und zu Ausgrenzung führen.
Ich ging vor ein paar Wochen zu einem Copyshop, um den ganzen Batzen verschiedener Karten auszudrucken. Das ging schnell, nur stand ich da mit 24 Blättern und 478 Karten, die ausgeschnitten werden wollten. Ich dachte mir, das ginge am einfachsten und schnellsten mit der Papierschneidemaschine im Copyshop. Schnell ist dabei relativ, denn ich brauchte alleine zwei Stunden für die Hälfte der Karten.
Ich spürte die Blicke der anderen Kunden und da ich befürchtete, dass sie mich bereits in die Kategorie „schrecklich“ eingeordnet haben, packte ich die unfertigen Schnipsel ein und ging nach Hause. Schließlich wartete dort eine ganz ausgezeichnete SCHERE auf mich, mit der ich die Karten fertig ausschneiden kann. DONNERGERÄUSCH!
Zuhause angekommen verbrachte ich den ganzen Nachmittag damit, die restlichen Karten zuzuschneiden. Es war ziemlich anstrengend, da meine Schere Probleme mit der Pappe hatte. Trotzdem mache es Spaß, dabei Karten mit Aufschriften wie „Warum tut mir alles weh?“ und „Raptorenattaken“ zu lesen. Am Abend war ich fertig und hatte nicht nur alle Karten ausgeschnitten, sondern auch eine schöne Box gebastelt. Ich war am Höhepunkt meiner Produktivität angelangt.
Diebisch freute ich mich darauf, Cards Against Humanity zu spielen. Der nächste Spieleabend war schon in Planung und dann sollte sich zeigen, wer hier schrecklich ist. Nach einer Weile sank der Endorphinspiegel und damit stieg etwas anderes. In meinem rechten Daumen, der eben noch in der Schere steckte, machte sich Taubheit breit. Wie nervig, aber wohl verständlich nach so vielem Geschnippel.
Was soll ich sagen. Diese Taubheit hielt Wochen an. Sie geht nur sehr langsam zurück und selbst jetzt spüre ich, dass da weniger Gefühl im Daumen ist als vor der ganzen Aktion. Es liegt definitiv an der Schere. Dazu kommt, dass vielleicht doch ein gewisses Maß an Schrecklichkeit dazugehört, wenn man überhaupt in Erwägung spielt, ein solches Spiel zu spielen. Vielleicht habe ich es nicht anders verdient. Der Scherenklau, die Reuelosigkeit und jetzt dieses Spiel … Das kann ja nur eine Verfluchung mit sich ziehen.
Am Ende hat sich der Aufwand mehr als gelohnt. Das Spiel ist erprobt. Wir hatten einen Riesenspaß dabei. Die Antworten waren schrecklich, wie befürchtet. Aber auch schrecklich lustig, absurd, manchmal sogar überraschend schlüssig und auch mal unangenehm. Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Runde, ob mit oder ohne Gefühl im Daumen.
- Im Gegensatz zum aktuellen Trend handelt es sich bei Teil 2 wirklich um den letzten Teil. Ich habe den letzten Teil nicht in zwei Extrateile aufgeteilt und habe auch nicht vor, einen Prequel darüber zu schreiben, wie die Schere von einem handwerklich begabten Voodoopriester hergestellt wurde und letztendlich im Lager eines Supermarkts gelandet ist. ↩
Ein Gedanke zu „Verflucht, Teil 2“