Segelreise 2016 (Teil 6)

Was bisher geschah …

Teil 1: Tag 0 – 1
Teil 2: Tag 2 – 4
Teil 3: Tag 5 – 6
Teil 4: Tag 7 – 10
Teil 5: Tag 11 – 12

Tag 13

Maasholm

Heute war ich früh wach, so dass ich mir den Sonnenaufgang ansehen konnte. Wurde ja auch mal Zeit. Søby war unser letzter Hafen in Dänemark. Wegen eines für morgen angekündigten Unwetters werden wir heute schon Deutschland ansteuern, so dass wir morgen nur noch eine kurze Strecke bis nach Kappeln zurücklegen müssen. Deshalb fuhren wir heute nach Maasholm. Auf dem Weg dahin haben wir eine Segelregatta mit etlichen Schiffen gesehen.

Maasholm ist ein kleines Fischerdorf, das schon mehrfach die Auszeichnung „Schönstes Dorf Schleswig-Holsteins“ gewonnen hat. Hier gibt es auch eine der kleinsten Kirchen Deutschlands. Mehr Superlative fallen mir gerade nicht ein, nur dass hier echt viele Menschen unterwegs sind. Jedenfalls müssen wir morgen recht früh los, da ansonsten die Kaffeedampfer anlegen und hier noch mehr los sein wird.

Morgen schon ist alles vorbei. Ich erinnere mich noch gut daran, wie alles losging. Wie die Essens- und Getränkelieferungen kamen und wie ich aus dem Beiboot … da fällt mir ein, dass die letzte Nacht auch immer die feuchtfröhlichste ist. Da werden Bierkästen von denen hingestellt, die sich verkalkuliert haben und nicht alles geschafft haben, so dass diejenigen, die sich verkalkuliert haben und zu früh alles geschafft haben, nicht auf dem Trockenen sitzen müssen. Dementsprechend heiter war auch die Stimmung am Abend und in der Nacht.

Das ist übrigens nicht das einzige Logbuch hier. Es ist ja eher mein persönliches, das ich gerne teile, wohl wissend, dass niemanden außer mich interessiert, worum es in Matthias Nawrats „Unternehmer“ geht. Trotzdem teile ich das natürlich gerne. Das richtige Logbuch jedenfalls liegt gerade an Bord und dort kann jeder reinschreiben oder -zeichnen, der Lust hat. Ich habe lange überlegt, was ich dort reinschreiben kann. Vielleicht eine Passage aus meinen Aufzeichnungen, wie die Sage von Skræphat. Ich war unsicher, denn ich hatte die ganze Reise über schon etwas ganz anderes im Hinterkopf, das ich gerne umsetzen wollte, und zwar ein Soziogramm der Crew, also eine Übersicht wer wen über wen kennt. Ich hielt das eigentlich für ziemlich creepy und dachte mir, dass das nicht gut ankommen würde. Ich bin ja nicht der Crew-Stalker. Alle, denen ich von der Idee erzählt habe, fanden das allerdings gut und so nahm ich das heute Abend in Angriff. Hier ist das Resultat, allerdings aus persönlichkeitsrechtlichen Gründen so verkleinert, dass man die Namen nicht richtig lesen kann. Ich wollte es euch aber nicht vorenthalten.

Soziogramm

Tag 14

Kappeln

Das Unwetter hat uns letzte Nacht in Maasholm erwischt. Es hat geschüttet, gestürmt, geblitzt und gedonnert. Letzteres beschreibt das Geräusch ganz gut, das die leeren Flaschen machten, als sie über das Deck geflogen sind. Aber geschlafen haben ja eh die wenigsten.

Der Weg nach Kappeln ist kurz und ich will es auch nicht länger machen als nötig. Wir hatten Frühstücksdienst und mussten parallel unsere Sachen packen. Als wir nach dem Abwasch an Deck gingen, waren wir schon in Kappeln. Jetzt hieß es Kette bilden und Seesäcke, Rucksäcke, Müllsäcke und alles andere von der Pippilotta auf den Kai befördern. Das ging ratzfatz und als wir alles auf einem Haufen sahen, erreichte die Abschiedsstimmung den bisherigen Höhepunkt. Wir machten ein Gruppenfoto und es wurden einige Worte zum Abschied gesagt. Danach machten sich die ersten auf den Weg Richtung Heimat. So wurden wir langsam immer weniger. Es ist nicht nur der Abschied untereinander, der so schmerzt. Viele von uns sehen sich regelmäßig. Es ist vielmehr das vorläufige Ende einer ganz besonderen Zeit ohne die großen Sorgen des Alltags. Der kommt nun von jetzt auf gleich.

Ich kenne keinen, dem die Segelreise nicht gefallen hat. Neue Freundschaften wurden geschlossen. Vage Freundschaften wurden gestärkt und alte Freundschaften wurden zementiert. So ziemlich jeder würde am liebsten einfach weitersegeln, aber das echte Leben ruft. Die meisten haben noch ein paar Tage frei und können die Seeentwönung ruhig angehen. Das ist auch nötig, denn nach zwei Wochen schwankt es vor allem an Land. Das ist so seltsam und so trügerisch, da fragt man sich doch, was das echte Leben nun eigentlich ist.

Autor: Stefan

Japanologe, Deutsch-als-Fremdsprachler, Blogger, Schatzsucher. Hobbys sind Lesen, Gucken und Machen.

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