Ja, er lebt noch!

Ich denke oft darüber nach, wie es mit dieser Seite hier weitergehen soll. Es ist schon eine Ewigkeit her, dass ich hier einen Text hochgeladen habe und das hat mehrere Gründe.

Am produktivsten war ich, als ich in Leipzig studiert habe. Und selbst da war das relativ wenig. Das ist mittlerweile zehn Jahre her. Hätte mir damals jemand gesagt, dass Zeiten kommen werden, in denen ich noch weniger schreibe, hätte ich der Person den Vogel gezeigt.

Damals war ich nicht unbedingt produktiver. Ich schreibe zum Beispiel heute immer noch ab und zu Texte, aber die sind nicht für hier. Außerdem konkurriert die Kreativität mittlerweile auch mit anderen Sachen, wie zum Beispiel der Fotografie. Trotzdem wünschte ich, ich könnte hier mehr schreiben.

Das heißt aber nicht, dass ich weniger erlebe. Vor Corona war ich auf mehr Konzerten denn je. Ich war auf Film-Festivals mit Dauerkarte und regelmäßig in Oberhausen und Hamburg zum Wrestling. Von den ganzen Urlauben, wie Segelreisen oder Bully-Fahrten ganz zu schweigen.

Vielleicht erlebe ich im Vergleich zu meiner Studienzeit zu wenig. Das kann schon sein. Ich habe in Leipzig mehr mit anderen Leuten zu tun gehabt und dementsprechend mehr erlebt. Auch meine Freunde sind und waren damals fast alle dort. Ich wohne jetzt seit einigen Jahren in Berlin und die meisten meiner Freunde sind entweder noch in Leipzig oder aus Berlin weggezogen. Meine Arbeit verbringe ich seit langer Zeit im Home Office, pardon, in der mobilen Arbeit.

Darüber zu schreiben ist aber nur bedingt möglich. Ich habe hier mehrere Logbücher meiner Segelreisen veröffentlicht und das ist schön und gut, aber will das wirklich jemand zum 4. Mal lesen? Auch Jahresrückblicke gab es. Ich dachte mir, bevor ich gar nichts schreibe, kann ich ja schreiben, was im Jahr passiert ist. Auch das ist aber relativ langweilig, dazu gleichen sich die Jahre (wenn nicht gerade Pandemie ist) zu sehr.

Das, was denke ich die Stärken meiner Texte waren, sind die absurden Alltagsbeobachtungen. Und hand auf Herz, das fehlt einfach. Dazu kommt, dass ich seit fast zwei Jahren, wenn ich das Haus verlasse, selten weiter komme als zum Supermarkt, zum Zahnarzt oder in die Wuhlheide.

All das soll aber keine Entschuldigung sein. Das Leben ist seltsam genug und es sollte doch immer etwas zum Schreiben geben. Vielleicht gehört da auch eine Regelmäßigkeit dazu, die mir noch fehlt. So wie man sich Verhaltensweisen wie zum Beispiel Sport zu machen, angewöhnen kann, geht das vielleicht auch mit dem Schreiben. Ich werde das Experiment wagen!


Ein Kurzurlaub soll es sein. Vier Tage polnische Ostsee, spontan gebucht. Nur ich allein, was zum Schreiben und ein Buch. Mehr nicht. Den ganzen Tag bei Wind und Wetter am Strand entlang laufen so weit ich komme. Zwischenstopp in einem Żabka und ein Swinemünder Edelquell IPA kaufen, weil es schmeckt und weil das Etikett frappierend an das Design von Pilsner Urquell erinnert und mich so etwas fasziniert. Am frühen Abend dann ins Apartment und dann schreiben schreiben schreiben, bevor ich einschlafe und am nächsten Tag das ganze nochmal mache. Und wenn er nicht gestorben ist, dann macht er das noch heute.

Am Tag, an dem ich diesen Text schreibe, sollte es so sein. Nur sitze ich leider nicht an der Ostsee, sondern zu Hause, genau genommen in häuslicher Isolation.

Vor anderthalb Wochen bekam ich eine Erkältung. Das dachte ich zumindest. Damit einher ging auch eine Schlaflosigkeit, die für mich recht unüblich ist. Ich habe drei Nächte hintereinander kein Auge zu gemacht. Gut, das wird am Stress auf der Arbeit liegen, dachte ich und hab dann meist nachmittags etwas gedöst. Ne Fuffzehn gemacht, wie man hier so schön sagt. Meine Stimme war auch weg, aber mal nicht sprechen zu können kann auch angenehm sein. Als nächstes habe ich dann gemerkt, dass mein Geruchs- und Geschmackssinn weg waren und da dachte ich nur: Oh oh.

Nach zwei positiven Corona-Schnelltests (doppelt hält besser) habe ich am nächsten Morgen gleich einen PCR-Test machen lassen. Nach zwei Tagen kam das erneute Positiv-Ergebnis.

Nun lebe ich die letzten Tage in Isolation. Im Prinzip ist es kaum ein Unterschied zu vorher, nur dass ich den Kurzurlaub natürlich abgesagt habe. Es ist schon witzig, dass ich, ungekrönter Weltmeister im Social Distancing, an Corona erkranke. Kurz vor der Abreise hätte ich mir sogar noch eine Booster-Impfung besorgt. Sei’s drum, ich werde die Reise nachholen, ich freue mich schon auf das Swinemünder Edelquell.


Übrigens: Der Verlauf war bis auf die paar unangenehmen Sachen oben absolut sanft. Nach 3 Tagen konnte ich wieder sprechen, nach 4 Tagen schlafen und mittlerweile ist auch mein Geschmackssinn wieder vollständig da. Gängige Symptome wie Kurzatmigkeit hatte ich nicht. Ich bin doppelt geimpft und möchte mir nicht ausmalen, wie das ohne Impfung ausgegangen wäre. Dann würde ich wahrscheinlich bis in alle Ewigkeit an Geschmacklosigkeit leiden. Und auch wenn mein Filmgeschmack das für manche vermuten lässt: Ich bin sehr dankbar, dass es nicht so weit gekommen ist.

Autor: Stefan

Japanologe, Deutsch-als-Fremdsprachler, Blogger, Schatzsucher. Hobbys sind Lesen, Gucken und Machen.

2 Gedanken zu „Ja, er lebt noch!“

  1. Es ist so schön hier wieder was zu lesen. Egal ob nix erlebt oder Segelabenteuer.. du verschaffst deinen Texten immer Spannung.
    Gute Besserung

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