Jahresrückblickblog 2013

Hallo ihr Lieben,

ich bin mit meinem Jahresrückblick etwas spät dran. Normalerweise macht man das ja Ende Januar, so als ob Weihnachten nicht die Zeit potentiell aufkeimender rückblickenswerter Konflikte wäre. Passender ist da doch eher die Zeit „zwischen den Jahren“, also der Zeit, in der kaum etwas passiert. Das Jahr ist quasi mit dem zweiten Weihnachtsfeiertag vorbei, man rutscht in eine Zeitlücke und ehe man es sich versieht, ist Silvester. Wenn man zurückdenkt, was in der Zeit zwischen den Jahren in den letzten Jahren passiert ist, fällt vielen kaum was ein außer „Knaller kaufen (aber nicht mehr so viel wie früher)“.

Ich habe lange überlegt, worüber ich schreiben könnte und ich hatte sogar schon einen Text fertig. Die Themen waren klar. Der Umzug nach Berlin, tolle Konzerte, das Gefühl, „Beyond Electric Dreams“ von Bad Religion live zu hören, das Fantasy Filmfest und die Einweihungsparty der Wohnung. Zweifelsfrei waren das für mich Höhepunkte des Jahres. Einiges habe ich hier im Blog schon beschrieben oder woanders immer wieder mal erwähnt. Es kommt mir heute komisch vor, das in einem Text nochmal zusammenzufassen, auch wenn ich derartiges schon zweimal gemacht habe. Beim ersten Mal ist mir das ziemlich gut gelungen und auch beim zweiten Mal gar nicht so schlecht. Es wäre allerdings eine Aneinanderreihung von Veranstaltungsbeschreibungen oder noch schlimmer, eine Klickstrecke!

Dieses Jahr mache ich es kurz. Ich bin in Berlin angekommen. Ich freue mich, dass ich viel mit Freunden unternommen habe. Ich bin ja nicht der kontaktfreudigste und unternehmungslustigste Mensch, aber würde man das nicht wissen, könnte man dieses Jahr fast schon das Gegenteil von mir behaupten. Ich freue mich auch darüber, dass ich an vielen verschiedenen Projekten mitarbeiten konnte und ich mir mit meinem Home-Office kein Eigentor geschossen habe. Ich habe in diesem Jahr viel Glück gehabt und erfahren und ich danke allen, die daran Schuld sind.

Vorsätze Schmorsätze, aber wir sind ja hier unter uns: Ich bin ja nun wieder in unmittelbarer Nähe zu Brandenburg und ich verspüre so langsam den Drang, dessen Ecken zu erkunden und ein paar Tage im nächsten Jahr in Orten zu verbringen, wo sonst nur wenige Leute hinfahren. Wenn ich dabei den ein oder anderen Schatz finde, umso besser. Das habe ich vor, das werde ich machen und ich werde darüber schreiben. Versprochen.

Ich grüße euch und wünsche euch was.

Die Bahnreise

Achtung, Achtung. Bitte zurückbleiben. Die Türen schließen automatisch. Wenn sie Sie zerteilen, können wir nichts mehr für Sie tun und sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt. Falls Sie dann überhaupt noch etwas sagen können. Genießen Sie die Aussicht. Die ist immer gleich, aber wenn Sie lange genug auf das Feld starren, werden Sie einen Wetterwechsel bemerken. Immerhin! Vielleicht sehen Sie auch mal ein Pferd.

Ist noch jemand zugestiegen? Das ist eine tierische Frage. Wir wissen das nämlich ganz genau. Wir weisen Sie auf einen Fahrerwechsel hin. Wir nehmen an, das interessiert Sie. Vorher hatten wir keinen, dafür jetzt sogar zwei. Kaffee?

In unserem Bistro gibt es heute Schweinerücken mit Champignoncrémesoße und Knödelchen. Lecker, was? Wenn Sie wollen, müssen Sie diesen Zug nur wieder verlassen.

Unser nächster Halt: irgendeine Stadt. Hier haben Sie Anschluss an den Bummelzug nach Posemuckel. Angenehme Reise!

Haben Sie schon in unserem Magazin gelesen? Es gibt exklusiv bei uns einen Auszug aus dem neuen Forensikthriller Ihres Lieblingsautoren. Erleben Sie hautnah den neuen Fall des ungleichen Ermittlerteams. So etwas haben Sie noch nie gelesen oder zumindest noch nicht oft genug! Beachten Sie auch unsere Tipps zu Konsensveranstaltungen im ganzen Land.

Wir erreichen jetzt die Endhaltestelle. Bitte steigen Sie aus. Oder bleiben Sie sitzen und fahren Sie wieder zurück mit uns. Wer könnte Ihnen das verdenken? Wir nicht.

Achtung, Achtung. Bitte zurückbleiben. Die Türen schließen automatisch. Wenn sie Sie zerteilen, können wir nichts mehr für Sie tun und sagen Sie nicht, wir hätten Sie nicht gewarnt. Falls Sie dann überhaupt noch etwas sagen können.

Willkommen in Schöneweide

Während die Bundesregierung sich noch fragt, was diese Willkommenskultur, die man jetzt stärker verbreiten will, eigentlich ist, habe ich sie bereits erlebt. Und zwar nirgendwo anders als in Berlin Schöneweide. Was wirklich seltsam ist, denn denkt man an Berlin, dem selbsternannten place to be, denkt man nicht zwangsläufig an den besagten südöstlichen Ortsteil der Hauptstadt. Kein Wunder, denn hier ist Gentrifizierung noch ein Fremdwort und es halten sich hartnäckig Gerüchte, das man hier mit einem Schlag in die Fresse begrüßt wird.

Exkurs: Das ist mir wortwörtlich mal in Leipzig passiert. Ich kam mitten in der Nacht auf dem Hauptbahnhof an – Leier Leier, der größte Sackbahnhof Europas, Leier Leier – holte mir noch eine preiswerte Burgerspezialität und wartete auf den Nachtbus. Auf einmal kam mir ein Typ entgegen – der wohl größte Sack Leipzigs – und schlug mir erst den Burger aus der Hand und dann in die Fresse. Ich muss mit meiner intelligenten Aura irgendwie unterschwellig Neid bei ihm ausgelöst haben, anders kann ich mir das nicht erklären … oder er war militanter Veganer, wer weiß. Ist jedenfalls schon alles lange her und es tut auch fast gar nicht mehr weh, Exkurs Ende.

Die Begrüßung in Schöneweide fiel also weniger dramatisch als vielmehr recht herzlich aus. Vor kurzem checkte ich den nächsten Buchladen aus und der Verkäufer, ein komischer Kauz mit Rauschebart, verwickelte mich gleich in ein Gespräch über Brillen, Leselampen und Leselampen für Brillen. Er verabschiedete sich mit einem lockeren „Bis zur nächsten Runde!“, das hat mir gefallen.

Nebenan ist ein Kino, das ich auch gleich probierte. Neben mir saßen zwei Jugendliche, deren Habitus es schwer machte, sie irgendeiner gesellschaftlichen Gruppe zuzuordnen. Vom Aussehen her eher prollig (ohne Wertung), holten sie kurz vor Filmbeginn eine Flasche Rosé hervor und tranken den genüsslich. Mitten im Film dann die Frage an mich: „Willste n Bier?“ Also DAS nenne ich Willkommenskultur. Auch wenn man nur Rosé hat ruhig mal ein Bier anbieten.

Übrigens: Unter manchen Berlinern ist Schöneweide – neben vielen nicht so schönen Sachen – auch unter dem Namen „Schweineöde“ bekannt. Diese Leute haben wohl noch nie am Münchner Stadtrand gewohnt. Hier passiert ziemlich viel, auch wenn es manchmal nur Kleinigkeiten sind. Neulich vor einem Getränkemarkt z.B. unterhielten sich vier Personen, denen kleinster gemeinsamer Nenner im Promillebereich lag, besorgt über Glasscherben (Sternburg) direkt vor der Eingangstür. Dass das doch nicht so geht und sie die wegmachen müssen, nicht auszumalen was passieren könnte, würde ein Kind oder sogar ein Hund dort reintreten. Hätte ich keine Getränke kaufen müssen … das Schauspiel hätte ich mir noch Stunden geben können. Ich also mühelos an den Scherben vorbei rein (bin ja kein Kind mehr und Hund war ich noch nie). Raus ging es dann nicht mehr so leicht, denn auf einmal lag einer aus der Gruppe auf dem Boden und hielt sich sein blutüberströmtes Gesicht fest. Anscheinend wollte er die Glassplitter mit seinen Augenbrauen aufheben, was ihm sicherlich den Respekt vieler eingebracht hätte. Geklappt hat das nur offensichtlich nicht. Die anderen drei hockten neben ihm und während sie alle auf den Krankenwagen warteten und zur Einfahrt starrten, lief der letzte Rest einer angebrochenen Flasche (Sternburg) unbemerkt über das Gesicht des Brauenakrobaten.

Schweineöde … da lachen ja die Hühner!