Die TOAST’sche Autosurprisation

Manchmal überrasche ich mich selbst. Das kommt nicht unerwartet, sondern mit Absicht und zwar folgendermaßen: Ich lege mich in mein Bett und schließe die Augen. Dann stelle ich mir vor, ich läge woanders und das mache ich solange bis ich fest davon überzeugt bin. Wenn ich nun die Augen öffne, habe ich ein großes Orientierungsproblem und bin total verwirrt. Ich kann das allen empfehlen, die sich selbst von Zeit zu Zeit vom Alltag lösen möchten. Mir fehlt nur noch ein Name für diese Methode. Am besten wäre eine Kombination aus Selbst und ÜberraschungAutosurprisation hört sich erstmal ungewohnt an, sollte aber dafür verwendet werden bis mir etwas besseres einfällt. Obwohl da eigentlich noch ein Name fehlt. Ich erinnere mich da an die Namen aus den Tafelwerken. Wer kennt nicht das FICK’sche Gesetz? Die wenigsten wissen, was es beinhaltet, aber der Namen hat schon viele Schulkinder amüsiert. Und darum geht es doch vor allem: Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit, wenn auch nur als Verewigung im Tafelwerk. Deshalb rufe ich heraus:  TOAST’sche Autosurprisation! Ich sehe es schon in den und Lexika der Welt vor mir.

“Die TOAST’sche Autosurprisation bezeichnet einen nur durch Imagination, d.h. ohne Hilfsmittel, selbst herbeigeführten Zustand der temporären Orientierungslosigkeit bei vollem Bewusstsein, wobei sich der TOAST’sche Aotosurprisator mit geschlossenen Augen in zum Boden paralleler Position befindet.”

Seismolyrik

“Hängende Gegenstände schwingen. Erschütterung wie beim Vorbeifahren schwerer Lastwagen oder Gefühl eines Stoßes wie bei einem schweren Ball, der an eine Wand schlägt. Fenster, Geschirr, Türen klappern.” (Berckhemer 1997: 59)

So und nicht anders wird ein Erdbeben der Stufe III auf der MSK-Intensitätsskala beschrieben. Das hat schon fast lyrischen Charakter.

Hängende Gegenstände schwingen…

Erschütterung wie beim Vorbeifahren schwerer Lastwagen.

Oder: Gefühl eines Stoßes wie bei einem schweren Ball, der an eine Wand schlägt.

Fenster,

Geschirr,

Türen

klappern.

Einzelschicksal oder doch die Apokalypse? “Gefühl eines Stoßes wie bei einem schweren Ball, der an eine Wand schlägt.” Da kommt man echt ins grübeln, auch so vom Rhythmus her…

Aber die Stufe VI schraubt die Spannungsschraube noch fester in den Kopf:

“Von allen spürbar. Menschen gehen schwankend. Fenster, Geschirr, Glas zerbricht. Nippes, Bücher usw. fallen von den Regalen, Bilder von den Wänden. Möbel bewegen sich oder werden umgeworfen. Risse bei schwachem Verputz und Bauweise D. Kleine Glocken läuten (Kirche, Schule).” (Berckhemer 1997: 60)

Schwach verputzte Häuser voller Nippes, in denen Menschen schwankend umhergehen. Und dann läuten auch noch die Glocken, also die kleinen.

Erdbeben sind kein Spaß und darüber lustig machen sollte man sich auch nicht. Aber diese nüchterne wissenschaftliche Beschreibung hat durchaus seinen Charme.

Quelle: Berckhemer, Hans (1997): Grundlagen der Geophysik. 2. Auflage. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

Vom Gurkenglück und nie mehr zweite Klasse

Was haben die sich eigentlich dabei gedacht? Wer die sind? Na die von da oben! Die von Brüssel! Eine ziemlich lange Zeit schon wird die EU wegen diverser Vorschriften für Obst und Gemüse veräppelt. Doch damit soll nun Schluss sein, denn: “Die Europäische Union hat beschlossen, die Normungen für 26 Obst- und Gemüsesorten abzuschaffen.” Ganz besonders hart trifft das die Gurke. Durfte sie bis vor Kurzem nur einen Krümmungsgrad von 10mm pro 10cm Länge haben, kann sie jetzt wachsen wie sie möchte. Dies hat nun wieder verschiedene Folgen. Es liegt auf der Hand, dass nun ehemals verkrummte Gurken mit Model-Maß-Gurken in eine Kiste geschmissen werden, was für die Toleranz innerhalb der Gurkenkiste nur förderlich sein kann. Auf langer Sicht werden sich die Gurken untereinander akzeptieren und aus einer Zweiklassengesellschaft entsteht eine geeinte Gurkencommunity. Eventuell könnte das jedoch zu viel für die Tomaten sein, denn hier bleiben die Richtlinien bestehen, was allerdings eine anderes Thema ist. Gurkenglück hin oder her, es stellt sich die Frage, ob der Mensch dem gewachsen ist. So bot sich letzte Woche bei LIDL folgendes Bild:

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Man kann auch deutlich erkennen, dass die ehemals übergekrümmte Gurke (links) mit einer Art Folie versucht, ihrer Oberfläche zusätzlichen Glanz zu verleihen. Dies kann allerdings für den Konsumenten eher künstlich rüberkommen. Wofür der Käufer sich im Endeffekt entscheidet, bleibt abzuwarten. Irgendwann wird die EU-Vorschrift vergessen sein und man wird sich an damals erinnern. An das Damals, als die Gurken noch richtige Gurken waren. Gerade wie ne Eins und nicht so krumm und schief wie im Zukunfts-Jetzt.