zitiert

>Irgendwas stimmt nicht in diesem Leben<, dachte er, während er durch die Straßen lief. >Das Leben hat sich verändert und ist nur rein äußerlich wie früher, einfach und verständlich. Innen drin ist der Mechanismus kaputtgegangen, und jetzt weiß man nicht mehr, was man von den vertrauten Dingen halten soll. Vom Laib eines ukrainischen Brots bis zur Telefonzelle auf der Straße. Irgend etwas Fremdes und Unsichtbares versteckt sich hinter jeder bekannten Oberfläche, in jedem Baum, in jedem Menschen. Es kommt einem bloß so vor, als kenne man das alles seit der Kindheit.

Andrej Kurkow “Picknick auf dem Eis” (Aus dem Russischen von Christa Vogel)

Die TOAST’sche Autosurprisation

Manchmal überrasche ich mich selbst. Das kommt nicht unerwartet, sondern mit Absicht und zwar folgendermaßen: Ich lege mich in mein Bett und schließe die Augen. Dann stelle ich mir vor, ich läge woanders und das mache ich solange bis ich fest davon überzeugt bin. Wenn ich nun die Augen öffne, habe ich ein großes Orientierungsproblem und bin total verwirrt. Ich kann das allen empfehlen, die sich selbst von Zeit zu Zeit vom Alltag lösen möchten. Mir fehlt nur noch ein Name für diese Methode. Am besten wäre eine Kombination aus Selbst und ÜberraschungAutosurprisation hört sich erstmal ungewohnt an, sollte aber dafür verwendet werden bis mir etwas besseres einfällt. Obwohl da eigentlich noch ein Name fehlt. Ich erinnere mich da an die Namen aus den Tafelwerken. Wer kennt nicht das FICK’sche Gesetz? Die wenigsten wissen, was es beinhaltet, aber der Namen hat schon viele Schulkinder amüsiert. Und darum geht es doch vor allem: Ruhm, Ehre und Unsterblichkeit, wenn auch nur als Verewigung im Tafelwerk. Deshalb rufe ich heraus:  TOAST’sche Autosurprisation! Ich sehe es schon in den und Lexika der Welt vor mir.

“Die TOAST’sche Autosurprisation bezeichnet einen nur durch Imagination, d.h. ohne Hilfsmittel, selbst herbeigeführten Zustand der temporären Orientierungslosigkeit bei vollem Bewusstsein, wobei sich der TOAST’sche Aotosurprisator mit geschlossenen Augen in zum Boden paralleler Position befindet.”

Ach Hans

Ach Hans, mach doch mal was, was man halt so macht. Läufst hier ziellos durch die Stadt und nörgelst rum. Geh doch mal ein Eis essen beim Italiener. Oder kauf dir ne Bratwurst, was weiß ich. Beobachtest hier die Leute und denkst, du freust dich, weil du nicht so bist wie die. Weißt du Hans, die können sich wenigstens freuen. Die gucken sich ne Baustelle an und freuen sich. Wann freust du dich mal? Wenn jemand auf die Schnauze fliegt, gib’s zu. Was sagst du dazu? Bist jeden Tag hier und weißt nichts mit dir anzufangen. Denkst daran, mal was wirklich außergewöhnliches zu machen, aber dafür bist du immernoch in deinem War und Wird. Weißte was andere an deiner Stelle machen? Die suchen sich die größte Bahnstation und filmen die Züge dann bei der Abfahrt. Das nennen die dann „Parallelstart Punkt 12 Uhr“. Und weißte was? Auch die freuen sich. Da fällt keiner auf die Fresse. Was sagst du dazu, Hans? Nichts sagst du dazu, weil dir nichts dazu einfällt. Nimm deine Depri-Stöpsel aus den Ohren und sag was dazu. Oder lass sie drin, ist eh besser so. Was soll aus dir schon rauskommen? Reicht ja, wenn was reingeht, denkste dir jetzt bestimmt. Das würde zu dir passen. Weißte was? Guck dir doch mal diesen neuen Springbrunnen an. Drängelste dich einfach an den anderen vorbei und gehst drin baden. Das wär verrückt. Und erfrischend obendrein. Und was machst du stattdessen, Hans? Na? Stellst dir vor, da sei eine Stimme in deinem Kopf, die dir alles mögliche verbietet. Ach Hans, mach doch mal was anderes als die anderen.